INTERNATIONALES TREFFEN 6 – 9. Juni 2014
AN
die ausgebeuteten FLÜCHTLINGE UND MIGRANT_INNEN aller Völker und alle Frauen und Männer, die sich für Gerechtigkeit und gegen Ausgrenzung einsetzen
Die Staaten der EU entwickeln Verordnungen und Richtlinien, die durch bürokratische Methoden, Flüchtlinge nicht als Menschen wahrnehmen, sondern als Anlass für eine Katastrophenschutzübung.
Die Außengrenzen unseres „EU-Territoriums“ werden mit immer rücksichtsloseren und men- schenverachtenden Maßnahmen befestigt. Tausende haben dort schon den Tod gefunden – mit untauglichen Booten gekentert, vorsätzlich in Seenot gebracht, auf offener See erschos- sen.
Dagegen erklären wir,
Arbeitergeschwister, Aktive in Bürgerschaften und Initiativen, die wir in direktem Kontakt stehen mit vielen hierher kommenden Menschen:
„Seid herzlich willkommen! Wir reichen Euch als Nachbarn die Hände!“
Unser kapitalistisches System hat in Euren Heimatländern zu Verarmung und Krieg geführt und Euch zur Flucht aus Eurer Heimat gezwungen.
Wir stellen fest,
dass unsere demokratisch gewählten Volksvertreter_innen ihre Politik zumeist unter dem massiven Einfluss und im Interesse der multinationalen Konzerne und der Banken machen. Das Streben der Völker nach einem Leben in Frieden wird dabei hintangestellt. Stattdessen werden die völlig berechtigten Bedürfnisse nach Sicherheit und sozialem Frieden der Regier- ten ausgenutzt, um im Umgang mit den Flüchtlingen den Ausnahmezustand zu praktizieren.
Die Reaktion auf ihre Not,
ihre erzwungene Einsamkeit in fremder Umgebung,
ihre traumatisierten Kinder,
die Traumata und Misshandlungen, unter denen viele leiden
ist von behördlicher Seite in erster Linie repressiv:
Die Flüchtenden werden
kriminalisiert,
oftmals in Lagern oder Gefängnissen inhaftiert,
ohne Bildung und Arbeit belassen,
was auf heuchlerische Weise ihrer Ausbeutung in prekären und illegalen Arbeitsverhältnissen Vorschub leistet (und zur weiteren Deregulierung unseres Arbeitsmarktes zu Lasten aller Arbeitenden führt).
Oft genug befördert der politische Diskurs rassistisches Denken und Handeln, dem die Schutzsuchenden auf unseren Straßen ausgesetzt sind.
Wir bezeugen unseren Willen,
Ausbeutung und Machtmissbrauch im Interesse der Wirtschaft anzuklagen und zu bekämpfen,
gegen die EU- „Katastrophenpolitik“ vorzugehen,
eine Willkommenskultur in unseren Nachbarschaften zu entwickeln,
den erwachenden Widerstand der Flüchtlinge zu unterstützen,
uns europaweit zu vernetzen und zu organisieren,
von unseren Regierungen immer wieder einzuklagen, dass sie ihren Verpflichtungen in der Entwicklungszusammenarbeit sowie im Umweltschutz nachkommen.
WIR TRÄUMEN VON EINER WELT OHNE GRENZEN
IN DER SICH JEDER MENSCH SEINER FREIHEIT
UND GLEICHBRERCHTIGUNG ERFREUT.
Unser Glaube an Jesus Christus, in der Verschiedenheit der Konfessionen, denen wir angehören, stärkt uns und treibt uns an. Er verpflichtet uns, für die Würde eines jeden Menschen und für die Anerkennung seiner Grundrechte einzutreten. Damit die Selbstverpflichtung der EU zur Charta der Grundrechte vom 7. Dezember 2000 kein leeres Wort bleibt.
Da wir in diesen Pfinggsttagen des Jahres 2014 versammelt sind, richten wir diese Worte an alle Flüchtlinge, an alle Menschen, die für mehr Gerechtigkeit, für Frieden und Mitmenschlichkeit einstehen, an die Europäischen Einrichtungen und an die verantwortlichen Politiker der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Die aktuelle Krise stürzt viele in Verunsicherung und Armut. Dennoch wollen wir nicht von unserem Vertrauen lassen, dass wir gemeinsam, aus der Kraft der menschlichen Erfahrungen, vor allem der Ausgegrenzten, der Ausgebeuteten und der Flüchtenden, weitere Verbrechen an der Menschlichkeit verhindern und eine gerechtere Welt möglich machen können.
Turin, am 9. Juni 2014